yetis Welt

Seltenes Glück

15:49, 29-Oct-2007 .. Geschrieben in Unterwegs mit Union .. 0 Kommentare .. Link
Dresden gegen Union klang auf dem Papier sehr viel versprechend, bis zumindest die Berliner im letzten Jahr bitterböse enttäuscht wurden. Karten für den Gästeblock gab es nur in Verbindung mit Zugfahrkarten. Dazu ein bescheidenes Spiel, ziemlich lahme Stimmung und na ja, vom Wetter will ich gar nicht reden… Außerdem noch die erbärmliche Bilanz gegen die Ostteams der Liga in der vergangenen Saison. In sechs Spielen gab es nur einen mageren Sieg und auch dieses Jahr schienen wir mit einem Unentschieden gegen Babelsberg und einer Niederlage in Erfurt wieder zu den Ostloosern zu avancieren.

Dementsprechend motiviert war man dieses Jahr erneut in die Landeshauptstadt Sachsens zu reisen. 1.400 Gute konnten sich dann doch aufraffen, darunter etwa 100 dunkel gekleidete Jungsche, die einen alternativen Anreiseweg wählten. In aller Herrgottsfrühe traf man sich in Köpenick, um der Polizeibegleitung zu entgehen, was dank zweier Zivis allerdings schon von Beginn an scheiterte. Bei den zwei Beamten blieb es dann auch bis Senftenberg und wären die nicht dabei gewesen, hätten die Diskoprolls aus KW ihre große Klappe sehr schnell bereut. So begann aber eine sehr entspannte Fahrt mit netten Gesprächen und dem ersten Sudel, bis dann beim Umsteigen die nächsten zwanzig Beamten bereit standen, um uns vor ‚blutrünstigen’ Senftenbergern zu beschützen.

Die 45 Minuten Wartezeit vertrieb sich das jungsche Volk mit diversen Mobfotos und Stagediven auf der Treppe zum Bahnsteig. Im nun bereit stehenden Zug nach Dresden hatten die Beamten unterdessen extra einen Wagen für uns reserviert. Das nutzte die Polizei auch gleich um die ersten Leute nach Drogen zu durchsuchen, was natürlich erfolglos blieb. In Dresden angekommen wurden die etwa 100 Jungschen zu einem Nebenausgang des Bahnhofs eskortiert, wo die Situation kurz eskalierte. Geschubst von vorne, in den Rücken getreten von hinten - Deeskalationstaktik sieht anders aus, liebe Polizei. Kurz nach uns kam dann auch der Sonderzug an, in den sich schon wieder einige Suffprolls verlaufen hatten. Mittels Sonderbussen ging es zum Stadion und wären die Dresdner mutig gewesen, hätten sie die Scheiben unserer Vehikel nicht nur eingeworfen, sondern wären auch stehen geblieben.

Bis dahin war der Tag also schon mal deutlich ereignisreicher als letztes Jahr und auch am Stadion gab es keine Enttäuschung, funktionierte der Zugang zum Gästeblock doch dieses Mal ohne Chaos und Schiebereien. Zum Auftakt der Partie gab es auf beiden Seiten Gesang, der im Gästeblock schon nach drei Minuten in Gepöbel gegen den benachbarten Heimblock umschlug. Erste Leuchtraketen wechselten den Besitzer, vier Becher voll mit Berliner Urin gab es obendrauf und ehe man sich versah, war das Motto für den heutigen Tag gefunden: ‚Kloparty in Dresden’. Als Zugabe flogen nämlich noch mehrfach insgesamt vier Klobürsten von Block zu Block. Für mich erstaunlich wie mit den Teilen umgegangen wurde. Statt einfach zur Seite zu gehen, wenn eine Bürste kam, wurden diese am ‚hygienischsten Ende’ mit der Hand aus der Luft gefischt. Cleverchen gibt’s…

Auf dem Rasen zeigte sich Dresden in der ersten Hälfte überlegen und hätte zur Halbzeit in Führung liegen müssen. Gut für uns, dass ihr etatmäßiger Knipser Dobry verletzt war.
Unterdessen gab es immer wieder Pöbeleien auf den Rängen, die jedoch nicht eskalierten. Angeheizt davon war die Stimmung im Gästeblock recht passabel, auch wenn man im Heimsektor sicher nicht viel davon gehört hat.

In Halbzeit zwei zeigte Dresden eine ganz ansehnliche Schnipselchoreo mit mehreren Anläufen und sah auch ansonsten recht gut aus. Besonders die Beteiligung bei Hüpfeinlagen und die Koordination des gehüpften ‚S – G – D’ wussten zu gefallen. Im Gästeblock wurde weiter fleißig die Kloparty zelebriert und so fand neben weiteren Bechern voller Urin sogar eine Tüte mit etwas ‚festeren’ Fäkalien den Weg in den Nachbarblock. Ein wenig übertrieben, wie ich finde, aber gut.

Das Spiel plätscherte dann nur noch vor sich hin, kaum Chancen, hüben wie drüben. Als es dann eine Viertelstunde vor Schluss Eckball für Union gab, dachte niemand auch nur im Entferntesten daran, dass dieser auch nur irgendwie Gefahr erzeugen könnte, bei keinen Standards ist Union harmloser. Mattuschka bringt die Kugel ausnahmsweise mal nicht auf den Kopf eines Gegenspielers am kurzen Pfosten, sondern direkt auf die Rübe von Daniel Schulz, der ungewohnt souverän zur Führung einnetzte. Im Gästeblock war jetzt natürlich die Hölle los, alles flog durcheinander und freute sich. Für mich der mit Abstand emotionalste Torjubel der Saison.

Wer nun dachte, Dresden würde uns überrennen, sah sich getäuscht, denn unsere Mannschaft spielte das Ganze erschreckend souverän zu Ende. Der vierte Sieg Unions in Folge, doch das beste am ganzen Tag sollte noch kommen. Nachdem die standardmäßige Welle mit der Mannschaft zelebriert war, bestieg Sebastian Bönig den Zaun, nahm sich das Megaphon, richtete sein Wort an Mannschaft und Fans und intonierte das melodische ‚Scheiß Dynamo’. Die im Hintergrund mithüpfende Mannschaft sang voller Inbrunst mit, so was gab es schon lange nicht mehr bei Union - Gänsehaut pur.

Da konnten auch die nun wild pöbelnden Dresdner nicht stören. Nach Abpfiff ging es wieder in die bereit stehenden Busse, die auf der Rückfahrt wieder mit Steinen attackiert wurden. Bis auf ein wenig Rumgepose war das aber auch schon alles, was die Sachsen heute zu bieten hatten. Man wollte wohl hinsichtlich des sonntäglichen Spiels gegen Lok Leipzig nichts riskieren.

Die Rückfahrt wurde ganz entspannt im Sonderzug verbracht, dem schon zwei Stunden vor Berlin das Bier ausging. Letztendlich nicht nur ein erfolgreicher, sondern auch kurzweiliger Tag, den man so nicht erwartet hätte.
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