Hannovera locuta, causa finita

Good Night Austria, Good Morning Red Bull

20:47, 23-Apr-2007 .. 0 Kommentare .. Link
Die etwas Älteren und auch einige Jüngere unter uns werden sich bestimmt noch gut an die UEFA-Cup-Spielzeit 1993/94 erinnern. Damals bezwang der Karlsruher SC nacheinander den PSV Eindhoven, den FC Valencia (mit dem legendären 7:0 im Rückspiel), Girondins Bordeaux und Boavista Porto und ein gewisser Edgar Schmitt gewann unter dem Spitznamen “Euro-Eddy” durch seine zahlreichen Tore für den KSC an nationaler Popularität. Im Halbfinale war dann allerdings Endstation für die Badener. Man musste sich sehr unglücklich durch ein 0:0 auswärts und einem 1:1 zu Hause dem österreichischen Vertreter Casino Salzburg geschlagen geben, der Europapokal-Auswärtstore-Regel sei Dank. Dieses Casino Salzburg wiederum scheiterte knapp im Finale an Inter Mailand (zwei 1:0 Niederlagen in Hin- und Rückspiel). Dennoch kann diese Finalteilnahme als größter internationaler Erfolg des SV Austria Salzburg (so hieß der Verein seit seiner Gründung 1933 bis zum Jahr 1978, als die Österreichische Spielbanken AG sich beim Verein einkaufte) verbucht werden. Auch auf nationaler Ebene lief es 93/94 für die Violetten aus Salzburg prächtig, unter Coach Otto Baric konnte man den Ersten von insgesamt drei österreichischen Meistertiteln erringen. Diesen Titel verteidigte man auch in der darauf folgenden Spielzeit, in der man nebenbei noch die Luft der Champions League atmete, allerdings in der Gruppenphase gegen die späteren Finalisten AC Mailand und Ajax Amsterdam, sowie gegen AEK Athen den Kürzeren zog. Danach ging es leider kontinuierlich abwärts für die Salzburger. Die Violetten konnten zwar 1996/97 als Außenseiter ihre dritte Meisterschaft gewinnen, aber die kommenden Jahre waren eher von Abstiegskampf und Existenzangst, denn von Triumphen und internationalen Weihen geprägt. 1997 war auch das Jahr in dem Wüstenrot die Österreichische Spielbanken AG als Namenspatron und Großsponsor ablöste, was auf die sportliche Talfahrt aber keinerlei Auswirkung hatte. Das Salzburger Publikum musste sich mit Mittelmaß und Abstiegskampf zufrieden geben. Da es finanziell durch Misswirtschaft bedingt auch wenig rosig aussah, erschien der Einstieg des erfolgreichen und sehr solventen Red Bull Konzerns im April 2005 als Segen. Red Bull Chef Dietrich Mateschitz hatte scheinbar den Volkssport Fußball für sich und seine Firma entdeckt, denn bisher war der Energy Drink Red Bull eher als Sponsor von Extrem- und Trendsportarten und durch sein Red Bull Formel 1 Team (ehemals Sauber) bekannt. Man machte auch sogleich die Schatulle großzügig weit auf und ließ den Verein etliche neue namhafte Spieler verpflichten (u.a. die ehemaligen Bundesliga-Profis Thomas Linke, Alexander Zickler, Vratislav Lokvenc, Markus Schopp und Aleksander Knavs). Man wollte ein erfolgreiches Team aufbauen, welches kurzfristig den Meistertitel holen soll und mittelfristig in der Champions League ein gehöriges Wörtchen mitreden möchte, so dass für die Marke Red Bull ein gewaltiger Imagegewinn herausspringt und die Umsätze des Konzernes weiter steigen. An sich nichts Ungewöhnliches, Sponsoring im Spitzensport ist schließlich auf diesem Prinzip aufgebaut und ohne Sponsoren geht es ja bekanntlich nicht mehr. Doch leider blieb es diesmal nicht beim Namenssponsoring des Vereins (in Österreich ja generell fast ausnahmslos Gang und Gebe), sowie Trikotsponsoring und Bandenwerbung o.ä., sondern die Farben der Trikots wurden von den Vereinsfarben violett-weiß auf rot-weiß und blau geändert und das Stadion wurde in eine Art Diskothek verwandelt (mit laut aufgedrehter elektronischer Musik und Lichtshows). Ein riesiges Red Bull Logo säumt den Rasen auf Höhe des Mittelkreises und als Gründungsdatum des Vereins wird nicht mehr 1933, sondern das Jahr 2005 angegeben. Früh wurde klar, dass nicht nur der Hauptsponsor gewechselt wurde, sondern das einfach mal der ganze Verein ausgewechselt wurde.
Die aktiven Fans des SV Austria waren von Anfang an etwas besorgt über den Einstieg von Red Bull, sie sahen neben den Chancen auch früh die Risiken. Schließlich ist Red Bull nicht nur ein lokales Unternehmen, welches dem in Nöten befindlichen örtlichen Fußballclub finanziell ein wenig unter die Arme greift, sondern vielmehr ein weltweit agierenden Großkonzern mit Sitz in Salzburg. Und Großkonzerne und ihr Treiben werden bei der mittlerweile für viele Fans etwas zu rasant voranschreitenden Kommerzialisierung des Fußballsports mitunter sehr skeptisch betrachtet. So wurde die Vorfreude vieler Anhänger auf die neuen Stars, die neue Saison und die neuen Möglichkeiten der Austria dank Red Bull früh geschmälert. Es zeichnete sich leider ab, dass die alte Austria gewaltig umgekrempelt werden würde und das neue Gesicht scheinbar keinen Platz für die alte Austria ließ. Einziger Hoffnungsschimmer: Die Vereinsfarben violett und weiß wurden auch in den neuen Statuten des Vereins Red Bull festgeschrieben und so übte man sich vorerst in Geduld und wartete wie viel Austria wirklich noch in Red Bull Salzburg stecken würde. Doch der Schock kam spätestens bei der Vorstellung der neuen Trikots, weder in den Heim- noch in den Auswärtstrikots war auch nur ein Klecks violett zu finden. Stattdessen gab es rot-weiße Heimtrikots und einen dunkelblauen Ausweichdress. Nun entpuppte sich wieviel dieses kleine Zugeständnis mit den Vereinsfarben von Red Bulls Chef Mateschitz wirklich wert war, nämlich gar nichts. Während der Sommerpause ging dann die neue Homepage des Vereins online, auf dieser war nicht ein Hinweis auf die violette Vergangenheit zu finden und als Gründungsjahr wurde schlichtweg 2005 angeben. Mittlerweile gibt es auf der mit Anglizismen durchsetzten Internetpräsenz von RB Salzburg den Menüpunkt “Roots”, dass man diesen allerdings nicht “History” nannte, spricht für sich und die weitere offensichtliche Verleumdung der violetten Vergangenheit. Bei den wenigen Spielern, die aus dem Kader der Vorsaison noch bleiben durften, steht in der Vita als letzter Verein SV Wüstenrot Salzburg, was eigentlich eindeutig für sich spricht. Das neue Vereinswappen enthielt natürlich auch kein violett und das Akronym SV oder gar das Wort Austria erst recht nicht. Eigentlich ist es nur ein Red Bull Logo, ergänzt durch Zusatz Salzburg und einen kleinen Fußball. Beim ersten Testspiel der neuen “Austria” in Mondsee gab es dann sogleich auch die ersten Proteste. Circa 50 Traditionalisten stürmten nach 20 Minuten das Spielfeld und forderten per Spruchband und Sprechchören eine violette Austria bzw. ein violettes Red Bull Salzburg. Beim darauf folgenden Testspiel in Seekirchen gegen Hajduk Split wurde dann Anhängern mit violett-weißen Fanartikeln der Zutritt verwehrt. Begründet wurde dies danach mit einer Forderung der Vereinsführung, welche eben diese allerdings im Nachhinein abstritt. Dennoch ein sicher bemerkenswerter Vorgang, dass Fans mit Fanartikeln in den offiziellen Vereinsfarben kollektiv von Spiel ihrer Lieblingsmannschaft ausgeschlossen werden, irgendwoher musste diese Weisung ja stammen. Für den klassischen Fan schien scheinbar eh kein Platz mehr im neuen Konzept des Red Bull Konzerns. Die Stehplatzsektoren der Heimfans wurden erstmal auf weniger als die Hälfte reduziert und Fanartikel gab es zunächst auch nicht mehr. Man wollte nämlich keine grölenden oder betrunkenen Fans in Red Bull Utensilien sehen, dies sah man als zu negativ für das Image der Marke Red Bull an. Neue Fans sollten her, angelockt durch Shows, Stars und Sternchen, neue Topspieler, Animateure und das hippe Image des Energydrinks. Und diese neuen “Fans” kamen und kommen auch in Scharen. Gegen den Zuschauerschnitt des Clubs Red Bull Salzburg kann man nicht viel sagen, allerdings dürften die meisten eben nicht des Vereins und des Sportes halber kommen. Die meisten wollen wohl eher Teil des Events sein, unterhalten werden und Montag auf der Arbeit ihren Kollegen erzählen, dass sie sich von einem Animateur in Stierkämpferkostüm zur Welle animieren ließen und dass David Coulthard den Ehrenanstoss ausführte, mit einem Ball den ein Fallschirmspringer brachte. Anders lässt eher schlecht erklären, dass diese Leute vorher scheinbar kein Interesse an Salzburgs fußballerischer Nummer eins hatten nun auf einmal die Ränge des Salzburger EM-Stadions bevölkern. Nur die neuen Spieler und die vermeintlichen Aussichten auf kommende große Erfolge, werden es wohl kaum sein, die plötzlich viele Tausend neue Zuschauer anlocken, zumal es sportlich nach dem Saisonstart eher schlecht als recht aussah (mittlerweile ist man trotz etlicher Niederlagen zu Saisonbeginn ganz oben dabei in der Tabelle). Die Bedürfnisse dieser Leute scheint Red Bull jedenfalls hervorragend stillen zu können und wenn sich demnächst im internationalen Wettbewerb die Weltstars in Salzburg Wals-Siezenheim die Klinke in die Hand geben, dürfte der Besucherstrom der Gloryhunter und Eventfans auch so schnell nicht abnehmen. Was aber die traditionellen Fans, das Herz und die Seele des Fußballsports, und ihre Bedürfnisse angeht, scheint Red Bull keinerlei Verständnis zu zeigen. Die Initiative Violett-Weiß, ein Bündnis etlicher violetter Austria-Fans und Fanclubs, nahm man erst gar nicht ernst, sondern warf sie mit Randalierern und Unruhestiftern in einen Topf. Da dies aber nicht der Fall war und negative Presse gegenüber Red Bulls Verhalten sich häufte, ging man in Verhandlungen mit der Initiative über. Diese zogen sich allerdings lange ergebnislos hin, bis letztlich selbst das kleinste und bescheidenste Kompromissangebot der Initiative auch abgeblockt wurde und die Verhandlungen von beiden Seiten endgültig abgebrochen wurden. Doch wozu führe ich Verhandlungen, wenn ich scheinbar gar nicht bereit bin von meinem Standpunkt abzurücken? Dass ein kleines violettes Adidaslogo auf den Trikots und violette Torwartstutzen den Traditionalisten nicht genügen dürften, war von Anfang an klar. Man war aber nicht bereit auch nur einen Schritt weiter in die Richtung violetten Fans zu gehen. Da drängt sich der Verdacht auf, man wollte die Verhandlungen nur verschleppen und spätestens dann abbrechen wenn der sportliche Erfolg für Ruhe im Umfeld und in der Presse sorgt und man somit nicht mehr auf die Fanbasis angewiesen ist und ihre kritischen Stimmen fortan durch Siege übertönen kann. Von den unzähligen Solidaritätsbekundungen aus ganz Europa (Hannovers Fans zeigten gegen Nürnberg, München und Wolfsburg Solidaritätsspruchbänder) und sogar teilweise aus Übersee, schien man bei Red Bull gar keine Kenntnis nehmen. Und an der österreichweiten Solidarität und dem schlechten Image des Vereins bei den gegnerischen Fans scheint man sich auch nicht zu stören, obwohl man diese kritischen Fans nicht so leicht aussperren kann wie die eigenen.
In Salzburg gab es nach dem Scheitern der Verhandlungen mit dem Verein noch mal einen Abgang mit Getöse. Die Violetten unter den Fans hatten noch ihren letzten großen Auftritt und in der 72.Minute beim Spiel gegen Austria Wien (72 Jahre existierte der SV Austria Salzburg von 1933 bis 2005) wurde Rauchpulver in violett und weiß entzündet und einige Bengalische Lichter wurden auf dem Platz entsorgt. Ebenso gab es deftige Spruchbänder gegen Mateschitz & Co und natürlich brachial laute Sprechchöre gegen Red Bull. Vereinzelt kam es auch zu Tumulten mit der Polizei und den Ordnungskräften. Das war es nun endgültig für Österreichs zweitbeste Fankurve. Sicher für viele Außenstehende nicht ausnahmslos ein Abgang mit Stil, aber noch stilloser zeigten sich später die Vereinsverantwortlichen, denn diese wollten die Aktionen und die Ausschreitungen der Initiative Violett-Weiß in die Schuhe schieben, welche allerdings mit Gewalt nie etwas am Hut hatte und auch immer wieder zum Gewaltverzicht aufrief. So konnte Red Bull noch mal kräftig nachtreten und den ehemaligen fairen Verhandlungspartner in der Öffentlichkeit verunglimpfen. Ebenso nutzte man die Vorfälle vom Spiel gegen Austria Wien, um die Stehplätze für die Heimfans endgültig abzuschaffen.
Die violetten Traditionalisten werden nun doch den Rat von Trainer Kurt Jara (der seit seinem Antritt wie schon in Hamburg und Kaiserslautern lieber die Konfrontation als den Dialog mit den Fans suchte) befolgen, dieser meinte nämlich wer eine violett-weiße Austria haben will, solle doch seinen eigenen Verein gründen. Und dahingehend laufen nun alle Kräfte der mittlerweile eng zusammengeschweißten Anhängerschaft der Austria. Austria Salzburg wird bald wieder auferstehen und hoffentlich eine erfolgreiche Zukunft haben. Zurück lassen sie eher ein Produkt, als einen Verein und eine Anhängerschaft, die mit Fankultur wenig zu hat. Diese Leute sind eher Kunden der Red Bull Show und somit vielleicht schneller wieder weg als Didi Mateschitz neue Stars kaufen kann. Die ehemals Violetten die geblieben sind und nun ihre Plätze mit den zahlreichen neuen Zuschauern teilen müssen, freuen sich ob der neuen Topstars, des Erfolges und der guten wirtschaftlichen Situation. Sie sagen sich Austria Salzburg heiße nun eben Red Bull Salzburg, nicht mehr und nicht weniger. Für sie ist es nach wie vor der gleiche Verein, doch was bleibt einem Verein, wenn ihm die Tradition, der Name und die Farben genommen werden? Nicht viel, wirklich nicht viel...

Artikel von mir zur Verwandlung des SV Austria Salzburg zu Red Bull Salzburg aus dem Herbst 2005

Getrennt bei den Farben - Vereint in der Sache!

20:09, 23-Apr-2007 .. 0 Kommentare .. Link
Fussballfans im Abseits

Fussballrepublik Deutschland in Sommer 2005, die 41.Bundesligasaison ist just beendet worden, der Confederations Cup der FIFA steht vor der Tür und in nur einem Jahr findet die Weltmeisterschaft in unserem Heimatland statt. Man müsste meinen ganz Deutschland befindet sich im kollektiven Fussballfieber und zählt ungeduldig die Tage bis zum Großereignis im Sommer 2006, während man sich nebenbei auf die neue Saison als Appetithäppchen freut. Doch leider dürfte so manchem Fussballfreund die Vorfreude auf die WM vergangen sein, allein schon weil sie ohne ihn stattfinden wird. Zahllosen Fans blieb ein Ticket für die 64 Spiele des WM-Turniers verwährt, kein Wunder wenn nur etwa ein Drittel der Karten in den regulären Verkauf geht. Bei der WM der Vips und Sponsoren bleibt nicht mehr viel Platz für den gemeinen Fan.
Doch leider stellt für viele Fans in den Stadien das fehlende Ticket für die WM-Endrunde nicht das größte Problem dar. Sie Fragen sich eher, insbesondere bei Auswärtsspielen, was die Polizei sich denn diesmal "Schönes" überlegt hat. Vermutlich wird man wieder wie ein Schwerbrecher behandelt, vielleicht gerät man auch wieder in Tumulte, an denen die Ordnungshüter nicht ganz unschuldig sind. Oft sind es keine rosige Aussichten für den aktiven Fan, längst werden Fans völlig unverhältnismäßig mit polizeilicher Repression bedacht. Angeblich soll es in Deutschland über 6000 gewaltbereite Hooligans geben, sie alle sind in Datei Gewalttäter Sport der Polizei gespeichert. Über 7000 sollen es nach Angaben der Polizei noch bis zur WM werden. Was nach Planzahlen klingt, scheinen auch eben solche zu sein. Um in diese ominöse Datei zu kommen, reicht oft eine schlichte Personalienkontrolle im Rahmen eines Fussballspieles. Polizeiliche Willkür bleibt da leider nicht aus und viele Unschuldige haben mit den Konsequenzen eines Dateieintrages leben. Diese können zum Beispiel ein Ausreiseverbot oder Meldeauflagen bei brisanten Spielen sein. Auch Stadionverbote werden häufig vorschnell und zu Unrecht ausgesprochen. So werden an sich gute Maßnahmen zum Schutze der friedlichen Fans immer mehr zur Bedrohung für die eigentlich friedlichen Fans. Waren es einst Gewaltdelikte für die ein Stadionverbot ausgesprochen wurde, so können es heute Lapalien wie Sticker kleben oder diskutieren mit der Polizei sein. Die Stadionverbote werden dann ohne Anhörung auf Empfehlung der Polizei ausgesprochen und nachdem, wie in sehr vielen Fällen üblich, das Verfahren feingestellt wurde oder ein Freispruch erfolgte, wird es leider nicht wieder automatisch aufgehoben und oft bleibt höchstens der kostspielige Schritt zu zivilrechtlichen Maßnahmen, um eine Aufhebung zu erreichen.
Normalerweise gefundes Fressen für jeden investigativen Journalisten, doch leider scheint sich der pöbelnde und randalierende Fussballfan besser zu verkaufen (schließlich wurde dieses Klischee von langer Hand mühselig aufgebaut), als kreative und farbenfrohe Fans, die Opfer von Repression und Willkür durch den DFB oder die Polizei werden. Kommt man zu dieser Erkenntnis, hilft eigentlich nur eins, nämlich selbst die Öffentlichkeit wachrütteln und versuchen diese Missstände zu ändern.
So kam es dazu, dass einige Faniniativen für den 16.Juni 2005 zur Demonstration für mehr Fanrechte aufriefen. Die Demo sollte in Frankfurt am Main stattfinden. Ort und Datum waren sehr bewusst gewählt, schließlich sollte am selben Abend das Eröffnungsspiel des Confederation Cups steigen und so konnte man medienwirksam vor der Haustür des Deutschen Fussballbundes für seine Anliegen durch die Straßen ziehen. Dafür nahm man auch in Kauf dass der Termin unter der Woche (ein Mittwoch) vielen die Teilnahme aus beruflichen Gründen verwährt blieb. Dennoch waren es über 1500 aktive Fans aus dem ganzen Bundesgebiet, die den Weg in die Mainmetropole fanden und sich ein T-Schirt in ihren Vereinsfarben überstreiften. Dadurch ergab sich ein sehr farbenfrohes Bild welches von zahlreichen Spruchbändern untermalt wurde. Auf ihnen waren Statements wie "Gegen übertriebene Medienhysterie", "Fussball - Unsere Religion. Zerstört durch Willkür & Repression" oder "Vorhang auf - Knüppel drauf?!" zu lesen. Immer wieder waren auch Slogans wie "Stoppt Polizeigewalt!" oder "Gegen den modernen Fussball" zu erspähen. Doch der Demozug präsentierte sich nicht nur optisch bunt und kreativ, sondern auch lautstark. Immer wieder wurde diverse Parolen skandiert oder gesungen, am beliebtesten waren sicherlich "Fussballfans sind keine Verbrecher" (ebenfalls ein häufiges Plakatmotiv) oder "Gegen Polizeigewalt".
Der Leitspruch der Demonstration "Getrennt bei den Farben - Vereint in der Sache" (auch Rückenmotiv auf den Demoshirts) bewährte sich voll und ganz. Egal ob aus Rostock, München, Köln oder Frankfurt, die Fans von zig unterschiedlichen Vereinen von der Bundes- bis zur Oberliga sangen und marschierten friedlich zusammen und Rivalitäten aus dem Ligaalltag oder alte Feindschaften spielten heute keine Rolle. Jedem schien bewusst zu sein, dass das heutige Anliegen wichtiger als etwaige Dissonanzen war. Dies nahm auch die Polizei zur Kenntnis, die lobende Worte für die friedliche Demonstration fand. Nach einem über zweistündigen Marsch endete die Demo am Frankfurter Hauptbahnhof mit einer kollektiven Humba als "Abschluskundgebung", sowie dem Versprechen, dass dies nicht die letze Aktion für Gerechtigkeit gegenüber Fussballfans war. Und so konnte auch der circa 30köpfige Tross aus Hannover zufrieden die Heimreise antreten.
In den nächsten Tagen gab es sehr erfreuliches bundesweites Medienecho und viele unserer Anliegen, sowie die Missstände im Fussballalltag, fanden den Weg in die Öffentlichkeit. Es gab einige Wochen nach der Demo sogar einen objektiven Bericht über die willkürliche Datei Gewalttäter Sport im ARD-Magazin Monitor, der auch endlich den Nicht-Betroffenen das oft ungeheuerliche Verhalten und Handeln von DFB und Polizei näher brachte. Auch der von Fanseite viel kritisierte Bundesinnenminister Otto Schily bat Fanvertreter zur Audienz und regte die Einrichtung einer Ombudsstelle für Fussballfans an. Inwiefern dies realisiert wird, ist zwar noch vorerst ungewiss, aber generell darf unter anderem dieses schon mal als kleiner Erfolg gewertet werden. Ob sich wirklich etwas ändert, wird allerdings der Ligaalltag zeigen. Und Speksis ist diesbezüglich leider weiterhin mehr als angebracht. Gut zu wissen, dass sich die Fanszenen der Bundesrepublik nicht scheuen werden weiter zu protestieren.

Artikel von mir aus dem Sommer 2005 zur Fandemo in Frankfurt am Main

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